Teil 4: Im Land der Ringe
von Holger M. Pohl
Eine phantastisch-phantastische Reise nach Neuseeland und Mittelerde Auf den Spuren der Hobbits
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7. – 11. April 2011:
Von Picton über Nelson, St. Arnaud und Greymouth an den Franz-Josef-Gletscher
Die nächsten Etappen boten nur stellenweise etwas für das Auge des Betrachters, der auf den Spuren der Hobbits wandelt. Gleichwohl bot die Strecke aber viel für das Auge des Touristen. Aber der Reihe nach.
Von Wellington auf der Nordinsel kommt man mit der Fähre nach etwa 3,5 Stunden Fahrt über die Cook-Street in Picton auf der Südinsel an. Bei schönem Wetter sicher eine beeindruckende Fahrt, besonders dann, wenn das Schiff langsam in den Marlborough-Sound einfährt. Leider hatten wir aber kein schönes Wetter. Es regnete und die See war unruhig. Manch einer der Passagiere musste der Seekrankheit Tribut zollen. Wir glücklicherweise nicht, aber leider war außer Gischt, Wellen und Wolken nicht viel zu sehen.
Von Picton aus gibt es dann mehrere Möglichkeiten nach Nelson zu kommen. Die schönste Strecke ist aber sicherlich der Queen-Charlotte-Drive, der sich am Marlborough-Sound entlang nach Nelson schlängelt. Nach etwa einem Viertel der Strecke waren uns dann auch die Wettergötter wieder hold und aus einer schönen Gegend wurde eine tolle Gegend mit herrlichen Ausblicken auf den Marlborough-Sound.
Es gibt auch in der Gegend von Nelson den einen oder anderen Drehort. Manche davon sind mit etwas Mühe zu erreichen, andere nur per Helikopter. So liegt der Drehort für das Schattenbachtal, wo die Gefährten nach dem Verlust Gandalfs aus den Minen von Moria herauskommen, mitten im Abel-Tasman-Nationalpark. Man kann dort hin wandern oder fliegen, fahren aber nicht.
Dafür erreicht man zwei andere Orte recht gut – was relativ ist –, von denen zumindest einer Gelegenheit für eine Pause bietet. Im realen wie im filmischen Sinne.
In der Nähe der Ngarua-Cave, einer sehenswerten Tropfsteinhöhle in privatem Besitz, wäre es an der Zeit für ein Frühstück. Vielleicht für das 2. Frühstück. Ihr erinnert Euch? Dort oben im Norden der Südinsel entstand die Szene, wo die Hobbits ihren Führer Aragorn darauf hinweisen, dass Bewohner des Auenlandes gewohnt sind, mehrmals am Tag zu essen.
Etwas weiter die Hauptstraße nach Westen kommt man an die Abzweigung zur Canaan-Road. Sieht auf der Karte einfach aus, ist aber in Wirklichkeit eine unbefestigte Schotterpiste. (Notiz an mich: Das nächste Mal unbedingt ein 4WD-Fahrzeug mieten!) und führt einen nach etwa acht sehr holprigen Kilometern an einen Punkt, wo die Szenen entstanden, als Aragorn seine kleinen Begleiter nach dem Aufbruch aus Bree aus dem Wald führte.
Zurück in Nelson machten wir uns daran, die Stadt zu besichtigen. Und siehe da, wir kamen hinter ein wohlbehütetes Geheimnis: Die Legende und alle Geschichten sagen, dass Sauron den Einen Ring im Schicksalsberg schmiedete. Das ist aber falsch! Die Wahrheit ist, dass der Eine Ring von einem Juwelier mit Namen Jens Hansen in Nelson hergestellt wurde. Die Wahrheit ist auch, dass es nicht nur den einen Einen Ring gab, sondern etliche Eine Ringe. In den unterschiedlichsten Größen, je nachdem wann und wofür sie filmisch benötigt wurden. Als Beweis mag auch der Glockenturm der Christchurch Cathedral Nelson dienen, der doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einem anderen Turm hat … finde ich.
Ebenfalls in Nelson wurde das köstliche Bier hergestellt, das die Hobbits (oder jeder andere) in rauen Mengen genoss. Sollte man sich wundern, warum dann nicht alle ständig betrunken waren, dann liegt das daran, dass Harrington's Sobering Thought einen Alkoholgehalt von gerade einmal 1,1 % hat. Wir haben uns (später in Twizel) eines der Fläschchen gegönnt. Und erkannt, warum es außerdem und zusätzlich nicht ganz einfach ist, sich davon einen Rausch anzutrinken: Das 0,3-l-Fläschchen kostet 9 NZL $. Ein ordentlicher Rausch würde also teuer werden. Was Legolas und Gimli natürlich nicht störte, als sie den Sieg um die Schlacht um Helm’s Klamm feierten. Das Bier selbst schmeckt ganz gut.
Von Nelson aus ging es dann über das wunderschön am Rotoiti-See gelegene St. Arnaud und den Küstenort Greymouth langsam aber sicher in Richtung Südliche Alpen. Auf dieser Wegstrecke gab es wenig zu sehen, was mit der Trilogie zusammenhängt, dafür aber wunderbare Landschaften mit wenig Verkehr.
Eine Wanderung rund um den Rotoiti-See versetzt einen in gewissem Sinne in die Wälder Mittelerdes. Hätte Peter Jackson Mangel an Motiven gehabt, dann wäre diese Gegend bestimmt in die engere Wahl für so etwas wie Fangorn gekommen. So aber blieben St. Arnaud und Umgebung davon „verschont“. Ein Besuch des Ortes und alles, was um ihn herum an Landschaft zu sehen ist, lohnt aber allemal.
Von St. Arnaud ging es dann an die Westküste und entlang der Tasmanischen See Richtung Greymouth. Der Ort ist bekannt für seine zahlreichen Kohleminen (und leider auch für die Unglücke, die in diesen passieren), ansonsten ist es eine mehr oder weniger langweilige Stadt ohne größere Höhepunkte.
Etwas südlich von Greymouth liegt Shantytown, eine Stadt aus dem Jahr 1870, die liebevoll rekonstruiert wurde und eine Art Freilichtmuseum darstellt. Neben der Fahrt mit einer historischen Dampflok stellt sicher das Abenteuer des Goldwaschens einen Höhepunkt bei dem Besuch der Stadt dar. Früher gab es dort wie in Kalifornien so etwas wie einen Goldrausch. Neben zahllosen Einheimischen suchten auch Europäer und Amerikaner ihr Glück. Und natürlich waren die obligatorischen chinesischen Billigarbeiter mit von der Partie.
Ich habe an diesem Abenteuer teilgenommen und Glück gehabt. Allerdings hat das nahezu jeder, der dort versucht, auf historische Art Gold zu waschen. Jedenfalls bin ich nun stolzer und reicher Besitzer von ein paar Milligramm neuseeländischen Goldes.
Anschließend ging es weiter Richtung Südliche Alpen und Franz Josef.
Der kleine Ort Franz Josef liegt am Rande der Südlichen Alpen und im Schatten des gleichnamigen Gletschers. Der Gletscher hat heute noch eine Länge von 11 km, wenn auch er schon der weltweiten Gletscherschmelze Tribut zollen musste. Zusammen mit dem nur wenige Kilometer entfernten Fox-Gletscher ist er einer der am niedrigsten über Meereshöhe liegenden Gletscher mittlerer Breiten weltweit.
Die Südlichen Alpen selbst waren Vorbild und teilweise auch Drehorte für das Nebelgebirge von Mittelerde. Und insbesondere die Gegend um den Franz-Josef-Gletscher diente als Kulisse für die Leuchtfeuer von Gondor, mit denen Théoden und das Königreich Rohan über den bevorstehenden Angriff auf Minas Tirith gewarnt und um Hilfe gebeten wurden.
Auf der Fahrt zur nächsten Etappe unserer Rundreise, Queenstown, hatten wir dann noch die Gelegenheit einen Abstecher zum Lake Matheson zu machen. Der ruhige und kleine See bietet an schönen Tagen die Gelegenheit, eines der bekanntesten Postkartenmotive Neuseelands abzulichten: Den Mt. Tasman und den Mt. Cook, wie sie sich im ruhigen Wasser des Lake Matheson spiegeln.
Wir hatten schönes Wetter …
Im nächsten Teil meines Reiseberichtes sind wir dann in Queenstown, zusammen mit Wellington das Mekka für Der Herr der Ringe-Fans, wenn es um die Verfilmung geht. Dazu mehr im 5. Teil.
Ein paar interessante Links:
Nelson, Ausgangsort für einen Besuch des nördlichen Teils der Südinsel.
Der Abel-Tasman-Nationalpark, für Wanderfreunde ist der eine oder andere Drehort doch zu erreichen.
Juwelier Jens Hansen, wo der Eine Ring wirklich entstand … wenn auch in unterschiedlichen Variationen
St. Arnaud, ein kleiner Ort am Rotoiti-See
Shantytown, wo man reich wurde … und heute noch sein Glück machen kann.
Franz-Josef- und Fox-Gletscher, eine wunderschöne Gegend mit vielen Bergen und Wanderwegen
Zum Teil 5 des Berichtes