Aylmer Vance - Die neuen Abenteuer eines Geistersehers (Gruselkabinett 56 & 57)
 
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Aylmer Vance – Die neuen Abenteuer eines Geistersehers

Reihe: Gruselkabinett 56 & 57

Hörspiel

Rezension von Oliver Kotowski

 

Rezension:

Der ehemalige Anwalt Dexter hat seine erfolgreiche Karriere aufgegeben, um sich vollständig der Arbeit mit dem bekannten Exzentriker Aylmer Vance zu widmen – gemeinsam gehen die beiden spirituellen und okkultistischen Phänomenen nach. Zunächst tritt der bekannte Lebemann und Profisportler Paul Davenant an die beiden heran – die können ihren Augen zunächst kaum trauen, sieht Davenant doch völlig abgezerrt aus. Er gibt zu, unter extremer Blutarmut und Stress zu leiden; außer kleinen Wundmalen am Hals hat er allerdings keinerlei Verletzungen, und seine Frau Jessica entstammt aus einem alten Geschlecht, das angeblich unter dem Fluch des Vampirismus leidet – ob da etwas dran ist?

Später beauftragt Lord Rystone die Geisterseher, ein Poltergeist-Phänomen in seinem Anwesen zu untersuchen. Indes erwartet er eigentlich nur eine Entlarvung von Scharlatanen, denn er glaubt nicht an Geister und dergleichen. Auch Vance kommen Zweifel: Hat sich der grob unhöfliche Lord Feinde geschaffen, die eine alte Legende ausnutzen – oder ist es doch ein Geist?

Dann werden die beiden von ihrer Urlaubsbekanntschaft Colonel Verriker um Hilfe gebeten: Seine Tochter Beryl hat so seltsame Anfälle von geistiger Abwesenheit, in denen sie mit körperlosen Wesen zu kommunizieren scheint. Sie traten mit der Ankunft des neuen Küsters Cuthbert Ford auf; ein großartiger Orgelspieler, aber sonst eine armselige Kreatur – er kann doch damit nichts zu schaffen haben, oder?

Zuletzt schildert der schüchterne Selfmade-Millionär Robert Balliston sein Problem: Er hat ein schönes, altes Anwesen für seine Familie gekauft und restaurieren lassen. Als sie einzogen, stellten sich aber bald schreckliche Erlebnisse ein: Zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten wird man von einer unvorstellbaren Angst ergriffen – man steht unter dem Eindruck einer höchsten Bedrohung des Lebens. Vance und Dexter ahnen noch nicht, welch' ein unangenehmer Fall auf sie zukommt.

 

Dieses Mal schließt die Doppelfolge 56/57 Aylmer Vance – Die neuen Abenteuer eines Geistersehers quasi direkt an die vorherige Doppelfolge 54/55 Aylmer Vance – Abenteuer eines Geistersehers an; der Anschluss ist indes locker genug. Zwar sind die beiden zentralen Figuren wieder Vance und Dexter, die Phänomenen aus dem spiritistisch-okkultistischen Bereich in gehabt verschachtelter Erzählhaltung untersuchen, doch formal sind die Spannungsquellen viel klassischer: Es geht um die Aufklärung der Ereignisse. Hier ist auf eine Besonderheit hinzuweisen. So orientieren sich Geistergeschichten üblicherweise an Kriminalfällen: Eine Aufklärung ist gleichsam ein 'Happy End'. Die Vance-Fälle orientieren sich eher an Krankheitsfällen: Der Patient kommt mit einem unbekannten Leiden zum Arzt und schildert die Symptome. Es ist nun an ihm, die Krankheit zu ermitteln, doch selbst wenn die Krankheit ermittelt ist, ist eine Heilung – und damit ein Happy End – nicht garantiert. So können auch Vance und Dexter kein befriedigendes Ergebnis versprechen, selbst wenn sie das Leiden klar erkennen können. Auch sei noch auf eine weitere Eigenart hingewiesen: Zwar gibt es eine große Ähnlichkeit zwischen dem Geisterseher Aylmer Vance und dem Geisterjäger John Sinclair hinsichtlich der Titel, doch die Phänomene, mit denen die beiden zu tun bekommen unterscheiden sich klar: Bei Sinclair sind es Dämonen und Untote, meist in sehr physischer Form, die mit einer Silberkugel (oder einem Silberbumerang) erledigt werden können, bei Vance sind es meist schwer greifbare spirituell-okkultistische Erscheinungen, die sich eher in Wesen – gleich, ob körperlich oder körperlos – manifestieren, als welche zu sein.

Insgesamt ist das Script lobenswert gut, nur bei den beiden ersten Fällen gibt es eine Kleinigkeit zu meckern: Zwischen den Fällen gibt es keine Musik oder dergleichen, die eine Abgeschlossenheit markieren und ein 'Umschalten' des Hörers ermöglichen, und es fehlen kleine, ausleitende Sätze, die den Plot abrunden.

 

Die Zahl der Sprecher ist dieses Mal etwas größer – es sind insgesamt zwanzig, zudem tauchen einige öfters auf: Hans-Georg Panczak als Aylmer Vance und Ekkehardt Belle als Dexter treten natürlich in allen Geschichten auf, dazu sprechen Simon Jäger und Hannes Maurer jeweils zwei verschiedene Rollen (Paul Davenant und Geoffrey Beynion bzw. den Butler und Cuthbert Ford). Jäger ist ein alter Hase und kann aus zahlreichen Serien bekannt sein: Von Gabriel Burns über Jack Slaughter zu John Sinclair ist er zu hören, aber auch in Serien wie Die drei ??? oder Anne, um nur ein paar wenige seiner Auftritte zu nennen. Maurer ist in puncto Hörspiel weniger bekannt: Die Playmos, Abseits der Wege und ein paar weitere einzelne Auftritte. Viele Rollen, selbst Nebenrollen, die nur einmal, quasi als Geräuschkulisse einen Satz sagen dürfen, sind hochkarätig besetzt: Da sind Axel Lutter, Lutz Riedel, Marianne Groß, Regina Lemnitz, Michael Pan, Detlef Bierstedt, Eva Michaelis und weitere zu hören. Aber es sind eben auch (relative) Newcomer in Sachen Hörspiel dabei, wie etwa Maria Koschny als Beryl Verriker oder Schaukje Könning als Lady Rystone; Koschny kann man aus Offenbarung 23 oder Bibi Blocksberg kennen, Könning aus Jack Slaughter. Nichtsdestoweniger sind sie gut besetzt und fallen keineswegs negativ zwischen all den Veteranen auf.

Insgesamt ist die Performanz der Sprecherriege sehr gelungen, auch wenn mir keine wirklich herausragenden Leistungen aufgefallen sind.

 

Die Inszenierung unterscheidet sich wenig von der, der vorherigen Doppelfolge: Sie ist gemäßigt modern – es gibt keinen Erzähler im eigentlichen Sinne, doch Dexter übernimmt als Chronist – ähnlich wie Dr. Watson bei Sherlock Holmes – einige Funktionen des Erzählers. Dies beschränkt sich jedoch auf wenige ein- und überleitende Momente. Die sphärischen Musiken sind leise untermalend; Streicher und Klavier dominieren hier. Geräusche werden mal dicht, mal weniger dicht untermalend verwendet. Nimmt man noch die relativ dünne Besetzung hinzu – es sind eigentlich keine Rollen dabei, die nicht Plot-relevant sind –, entsteht eine kammerspielhafte, leicht künstliche Atmosphäre, die gut zu dem Umstand passt, dass die Szenen ja eigentlich von Dexter erzählt werden.

 

Fazit:

Der Geisterseher Aylmer Vance und sein getreuer Chronist Dexter werden viermal in verschiedenen Fällen gebeten, die unheimlichen Ereignisse aufzuklären. Aylmer Vance – Die neuen Abenteuer eines Geistersehers bietet spannende Fälle mit schön gruseliger Atmosphäre. Die vier Fälle gehören zum Besten, welche das Gruselkabinett zu bieten hat.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403290155062980c03d
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Hörspiel:

Aylmer Vance – Abenteuer eines Geistersehers

Reihe: Gruselkabinett 56 & 57

Vorlage: Alice & Claude Askew

Buch: Marc Gruppe

Produzent: Stephan Bosenius & Marc Gruppe

Label: Titania Medien

Erschienen: September 2011

Umfang: 2 CDs, ca. 148 min

ASIN: 3785745230

Erhältlich bei: Amazon

 

Sprecher (Auswahl):

Hans-Georg Panczak

Ekkehardt Belle

Simon Jäger

Axel Lutter

Maria Koschny

Michael Pan

 

Weitere Infos:


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Erstellt: 22.10.2011, zuletzt aktualisiert: 28.12.2023 19:05, 12149