Interview mit Andreas Bull-Hansen
 
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Interview mit Andreas Bull-Hansen

Andreas Bull-Hansen ist 30 Jahre alt, gehört jedoch bereits zu den beliebtesten Autoren von Norwegen. Er ist Diplomkaufmann von Beruf und hat im Gewichtheben mehrere internationale Spitzenplätze belegt, was vermutlich ein etwas ungewöhnlicher Hintergrund für einen Schriftsteller ist. Bull-Hansen wohnt in Oslo, ist aber sehr viel unterwegs, recherchiert in der ganzen Welt und lässt sich auf seinen Reisen inspirieren. Er nimmt gerne an Veranstaltungen teil und ist ein geschätzter Referent.

 

Hier nun ein paar Antworten von Andreas Bull-Hansen auf unsere Fragen:

 

Joanna Lenc: Zuerst, wie lange bleiben Sie hier in Hamburg?

 

Andreas Bull-Hansen: Eigentlich nur heute Nacht, ich werde morgen Früh nach Berlin fahren.

 

 

Joanna Lenc: Nur für Interviews, oder gibt es andere Gründe dafür?

 

Andreas Bull-Hansen: Nein, ich bin heute hier um Interviews zu geben und auch in Berlin.

 

 

Joanna Lenc: Genießen Sie die Stadt?

 

Andreas Bull-Hansen: Ich hatte bisher nicht die Gelegenheit viel zu sehen.

 

 

Joanna Lenc: Ich habe in Ihrer Biographie auf Ihrer Homepage gesehen, dass Sie Ihre sportliche Karriere aufgrund eines Unfalles aufgeben mussten und dann angefangen haben zu schreiben, wo Sie dann ihren Durchbruch als Autor hatten?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja, das kann man so sagen. Ich fing mit 19 Jahren mit dem Schreiben an, nachdem ich die Highschool beendet hatte. Ich habe es immer genossen, als ich ein Kind war, zu schreiben. Dann wollte ich ein Buch schreiben, nicht um ein Author zu werden, als Author zu leben, sondern um zu sehen, ob ich es kann. Ich erwähne dass, weil es wichtig ist. Als ich mich zum ersten mal hinsetze, um zu schreiben, hatte ich keine Ahung worüber ich schreiben würde. Also nahm ich meinen Stift, ein Blatt Papier und ging in das Sommerhaus meiner Eltern welches am See lag. Dort war ich alleine, ich musste zu schreiben alleine sein da das ein Geheimnis bleiben sollte, wie ich mir dachte. Es blieb auch für 6 Jahre ein Geheimnis. Während des ersten Tag des Schreibens.... Haben Sie die Bücher und die Mappen gesehen?

 

 

Joanna Lenc: Ja

 

Andreas Bull-Hansen: Diese Welt konnte ich sehen, wenn ich die Augen geschlossen hatte, die Berge, die Küstenlinien, die Städte, ich konnte die Leute sprechen hören. Ich hatte das Starke verlangen, diese Geschichten zu erzählen. Dieses geschah in den ersten Tagen meines Schreibens und dann, es war in '91, also vor 12 Jahren, ich wusste, dass ich etwas machen muss. Ich dachte, ich könnte nicht als Author leben und begann Wirtschaft zu studieren. Zur gleichen Zeit wo ich studierte und schrieb schaffte ich es in das Nationale Team im Powerlifting. Ich hatte also drei Karrieren zu gleichen Zeit. Ich konnte mich nicht für eine entscheiden um dort 100 Prozent zu geben. Dann entschied der Unfall für mich. Ich war gezwungen mein Leben in Frage zu stellen, was war wichtig, was wollte ich wirklich machen? Und es war glasklar für mich, dass ich schreiben wollte. Ich wollte meine Bücher fertigstellen und meine Novellen publizieren.

 

 

Joanna Lenc: ...an welchen Sie sechs Jahre gearbeitet haben?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja, das ist korrekt.

 

 

Joanna Lenc: Und wieviele Korrekturen brauchte diese Arbeit nach den 6 Jahren?

 

Andreas Bull-Hansen: Oh Gott, ich weiß es nicht. Wissen Sie alles Scripts und Notzizen zu zählen und meine kleinen Wörterbucher... Ich kann nicht sagen wieviele Seiten, aber es ist viel viel mehr als die Bücher. Die Bücher sind nur ein kleiner Teil von meinem Schreiben.

 

 

Joanna Lenc: Haben Sie mit dem Erfolg vor 12 Jahren gerechnet?

 

Andreas Bull-Hansen: Nein, ich hatte keine Ahnung. Meine Motivation ist nicht das Geld, sondern Geschichten zu erzählen. Ich bin sehr glücklich dass ich das machen kann und nicht einem anderen Job nebenbei nachgehen muss. Ich kann die ganze Zeit schreiben, was dem Schreiben hilft. Ich kann tagelang schreiben und die reale Welt vergessen. Ich kann in die Welt eintauchen und dort bleiben.

 

 

Joanna Lenc: Brachten Sie beim ersten Mal alle Ihre Zettel und Notizen zu Ihrem Verleger, oder nur einen Auszug Ihrer Arbeit um ihm zu überzeugen, dass er Ihre Arbeit verlegen sollte?

 

Andreas Bull-Hansen: Das erste Script, dass ich meinem Verleger schickte, war nicht wirlich fertig. Ich wollte nur eine Rückmeldung haben, welches ich bekam. Das Feedback was ich bekam war nicht gut und ich konnte nicht damit arbeiten. Ich muss erwähnen dass das erste Buch dass ich schrieb, ist jetzt das vierte Buch der Saga. Ich wusste zu der Zeit wo ich das Buch schrieb, das es Geschichte vor der Geschichte gab. Ich musste diese Geschichte erzählen. Ich brauchte ein paar Jahre um zum vierten Buch zu kommen. Ich schrieb "Seven Tales and Western Forest" welches kein Part der Nordland-Saga ist, aber es sind Geschichten der gleichen Welt. Das ist das erste Buch welches ich veröffentlicht habe.

 

 

Joanna Lenc: Das erste Buch habe ich auf Deutsch gelesen.

 

Andreas Bull-Hansen: Das ist das zweite Buch, welches in Norwegen veröffentlicht wurde. Und es ist das erste Buch der Serie. Ich schrieb das zweite und dann das dritte Buch und kam dann zum vierten und realisierte dann, dass es nicht gut genug war. Also musste ich es nochmal schreiben.

 

 

Joanna Lenc: und dann veröffentlichten Sie das?

 

Andreas Bull-Hansen: Seven Tales und Western Forrest wurden in 96 veröffnentlicht, der erstes Band der Nordlandsaga wurde 97 veröffentlicht.

 

 

Joanna Lenc: Woher bekommen Sie die Ideen für die Personen und Plätze in Ihren Büchern?

 

Andreas Bull-Hansen: Es ist irgendwie merkwürdig. Was passiert, ich gehe in mein Büro, schliesse die Tür. Damit verlasse ich diese Welt und tauche in meine Welt. Und von da an beschreibe ich nur was ich sehe. Ich sehe durch die Augen der Hauptcharaktere. Ich fühle ihre Gefühle, denke ihre Gedanken. Es ist alles da, es wartet nur auf mich, Notizen zu machen. Die Charaktere warten nur auf mich ihre Geschichte zu erzählen. Es ist fast wie träumen. Man erfindet Träume nicht, sie sind einfach da. So ist schreiben für mich. Ich kann die Welt dann so klar sehen, wie ich euch jetzt sehe.

 

 

Joanna Lenc: Also müssen Sie es einfach nur aufschreiben?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja. Ich bin sehr glücklich, weil ich zweifach Leben kann. Ich kann zwei Leben leben.

 

 

Joanna Lenc: Ich lese gerade den ersten Band der Nordlandsaga. Ich habe es bisher leider noch nicht fertig gelesen, was mir wohl das Interview hier erschwert, da mir so sicher viele Fragen entfallen. Dennoch finde ich es sehr interessant. Ich denke es ist ein sehr gutes Buch.

 

Andreas Bull-Hansen: Danke. Wenn Sie es durchgelesen haben, können sie Fragen in einer E-Mail an mich weitersenden. Ich werde sie gerne beantworten.

 

 

Joanna Lenc: Ich habe auf Ihrer Homepage gelesen, dass Sie als Kind in Oslo gelebt haben. Sie haben sich nicht dazugehörig und als Aussenseiter gefühlt. Gibt es Parallelen zwischen Ihnen und Ihren Hauptcharakteren?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja, ich versuche über Aussenseiter zu schreiben. Offensichtlich weil ich ein Ausssenseiter bin. Als Kind bin ich immer von der Gruppe ausgegrenzt worden, wie sie gesagt haben. Einsamkeit war eine starke Inspiration in meiner Jugend, wie noch heute. Es scheint, als ob alle meine Hauptcharaktere etwas von mir repräsentieren. Karain ist ein Einzelgänger und allein sein Aussehen macht ihm zum Aussenseiter. Wenn Sie durch meine Bücher gehen, sind da mehr Charaktere die stark und selbstsicher sind aber trotzdem nicht in die Gruppe passen und als Aussenseiter behandelt werden. Alle meine Bücher sind über Identitäten und den Versuch irgendwo dazuzugehören.

 

 

Joanna Lenc: Gibt es schon ein Datum, wann die Teile drei bis sechs in Deutschland erscheinen werden?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja, an sich schon, die ersten drei sind ja nun schon erschienen. So wie ich das sehe haben sie auch alle drei. Der vierte wird in einigen Monaten, wohl zum Herbst erscheinen und Teil fünf und sechs im nächsten Jahr.

 

 

Joanna Lenc: Wie viele Teile wird es geben?

 

Andreas Bull-Hansen: Sechs

 

 

Joanna Lenc: Und werden Sie weiter daran schreiben?

 

Andreas Bull-Hansen: Ich kann es nicht sagen, momentan schreibe ich an einer anderen Geschichte. Die Welt der Nordlandsaga ist erstmal für mich abgeschlossen.

 

 

Joanna Lenc: Nun, Sie sagen selbst, Sie lesen viel Fachliteratur, schreiben jedoch Fantasy. Warum?

 

Andreas Bull-Hansen: Nun, das ist eine sehr interessante Frage. Ich lese so viel wie ich kann. Meist natürlich naturwissenschaftliche oder geschichtliche Literatur, um zu wissen und zu verstehen wie die Dinge arbeiten. Ich habe viel gelesen um diese Welt zu erschaffen, um Kulturen zu bilden, um das ganze System fertig zu erschaffen. Ich wusste nicht wie lange eine Überfahrt über eine weite Strecke mit dem Schiff dauert, zum Beispiel. Dies war einer der Gründe, warum ich das Wissen darüber suchte und solche Bücher lese. Auch um die Spachen von Volk zu Volk zu gestalten. Ich wollte diese Welt realistisch wie möglich machen. Ich wollte halt meine Hausaufgaben machen, bevor ich mit dem Schrieben anfing.

 

 

Joanna Lenc: Gibt es denn Unterschiede zwischen Ihrer Welt und unserer?

 

Andreas Bull-Hansen: Natürlich, die Welt ist zum Beispiel 50% größer wie die unsere. Ich kann es leider nicht besser erklären. Sie würden sehen, wie es wäre, wenn ich meine Hausaufgaben nicht gemacht hätte. Die Welt wäre nicht realtistisch, wie sie es jetzt ist.

 

 

Joanna Lenc: Ihre erste Inspiration ist ja die Natur. Passiert das spontan wenn Sie in der Natur unterwegs sind, oder aber sitzen Sie in Ihrem Büro und knobeln die Welt zurecht?

 

Andreas Bull-Hansen: Ich arbeite eher mit der letzten erwähnten Sache., Ich lasse die Natur schon auf mich wirken, jedoch arbeite ich an meinen Manuskripten im Büro, ich lasse Erinnerungen aufleben und lasse mich so inspirieren. Ich schliesse meine Augen und fühle mit, sehe die Welt, wie ich sie erschaffen habe, wie sie in meinen Gedanken lebt. Ich gleite hinüber in sie und erlebe das, was die Charaktere erleben. Ein Beispiel ist mal wieder die Seeüberfahrten des Felsenvolks. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, ich bin selbst so gereist, habe einen Ozean auf dem Schiff überquert und diese Erfahrungen in die Erlebnisse der Charaktere eingebunden. Dies ist sozusagen meine Inspiration.

 

 

Joanna Lenc: Also haben Sie ihre Reisen auch gemacht, um sich so inspirieren zu können, das die Ereignisse im Buch ebenfalls so realistisch wie möglich erscheinen?

 

Andreas Bull-Hansen: Ja, genau das habe ich damit bezweckt, das war meine reine Inspiration, das hat es mir einfacher gemacht, die Welt so darzustellen wie sie ist. Die meisten verstehen nicht, wie es ist auf einem Schiff eine lange Reise zu machen, es ist kalt, es ist erdrückend. Wenn man dann auch noch in den Verhältnissen lebt, wie die Menschen in meinem Buch, ist es ganz anders vorstellbar. Es gibt heutzutage zu viel Luxus auf solchen Schiffen, als man sich das hätte vorstellen können, ich wollte es dem Leser so gut wie möglich nahebringen und es ihm verständlich erklären.

 

 

Joanna Lenc: Sie haben viele Orte der Welt besichtig, wo fühlten Sie sich am wohlsten? Welcher Ort hat Iihnen am besten gefallen?

 

Andreas Bull-Hansen: Ich mag es zu reisen und ich liebe die Meere. Da gibt es so viele Orte die ich liebe, aber Schottland ist wohl mein liebstes Land.

 

 

Joanna Lenc: Haben Sie Vorbilder?

 

Andreas Bull-Hansen: Nein, nicht wirklich. Ich lese viel, jedoch lese ich die Bücher nicht wie ein Leser, sonder wie ein Schreiber.

 

 

Joanna Lenc: Und welches Buch haben Sie am liebsten gelesen bevor Sie angefangen haben mit dem Schreiben?

 

Andreas Bull-Hansen: Das erste woran ich mich erinnern kann sind Märchen, die meine Mutter mir vorgelesen hat, als ich noch ein kleines Kind war. Ich glaube die beiden deutschen Brüder hiessen Grimm, daran kann ich mich erinnern, das war so mein liebstes Buch in der Kindheit.

 

 

Joanna Lenc: Wissen Sie, wie es mit Ihren Büchern was die Übersetzung angeht besteht? Sind da Gefühle verloren gegangen, die Sie beschrieben haben?

 

Andreas Bull-Hansen: Ich habe gehört, dass es eine sehr gute Übersetzung ist. Ich kann leider kein Deutsch, um das zu überprüfen, aber ich vertraue da auf einige Leser, die beide Sprachen gelesen haben. Aber es freute mich zu hören, dass es auch in anderen Sprachen gelungen ist.

 

 

Joanna Lenc: Würden Sie uns erzählen, woran Sie gerade arbeiten und was wir in Zukunft von Ihnen zu erwarten haben?

 

Andreas Bull-Hansen: Natürlich. Ich werde in unsere Welt zurückkehren, also nicht an der Saga weiterschreiben. Es wird eine Geschichte werden, die in unserer Welt spielt, jedoch in der Zukunft. Mehr kann ich leider nicht dazu sagen, denn ich habe den ersten Teil noch nicht beendet. Es ändert sich viel, während ich schreibe, drum müsst ihr euch wohl noch gedulden, bis er fertig ist.

 

 

Joanna Lenc: Und wird es eine Zukunft sein, die eher in Science Fiction übergeht, oder eine dunkle Welt wie es in Shadowrun zum Beispiel vorkommt?

 

Andreas Bull-Hansen: (nach einer langen Pause) Ich kann es nicht beantworten. Nun ja, ich kann schon, ich will es nur nicht.

 

 

Joanna Lenc: Eine letzte Frage: Was ist Ihr größter Traum für die Zukunft?

 

Andreas Bull-Hansen: Nun, das ist eine sehr persönliche Frage und es gibt so viele Dinge, die geändert werden müssten. Ich kann es nicht wirklich beantworten. Ich habe meine Ideen und Vorstellungen über die Zukunft, jedoch kann ich alleine diese Welt nicht formen. Ich wünsche mir jedoch, das meine Bücher, besonders die Nordlandsaga, mit der ich lebe, es ist ein Teil von mir und sehr wichtig für mich, noch mehr Leser erreicht. Sie sind ja nun auch Rollenspieler. Ich bekam einige Mails, von meinen Lesern, die mir berichteten, das sie ein Rollenspiel konzipiert haben, das in dieser Welt spielt. Die Bücher haben ihnen so sehr gefallen, das sie diese Welt weiterleben lassen und sie darin spielen. Das macht mich glücklich und erfreut mein Herz sehr. Damit ist schon ein großer Traum in Erfüllung gegangen.

 

 

Joanna Lenc: Wir bedanken uns bei Ihnen für ihre offenen Antworten, und das Sie sich die Zeit genommen haben uns ein Interview zu geben. Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg und hoffe bald wieder etwas Neues von Ihnen lesen zu können.

 

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Erstellt: 07.06.2005, zuletzt aktualisiert: 07.03.2016 14:12, 418