Interview: Boris Koch
 
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Interview mit Boris Koch

Dieses Interview mit Boris Koch führte Nina Horvath im September 2008 per Email

Redakteurin: Nina Horvath

 

Wir haben dem Autoren Boris Koch einige Fragen, zu seinem mit dem Hansjörg-Martin-Preis ausgezeichneten Jugendkrimi "Feuer im Blut", gestellt.

 

 

 

Fantasyguide: Zuerst einmal danke Boris, dass Du für ein Interview mit dem Fantasyguide bereit bist! Würdest Du Dich bitte einfach mal vorstellen, damit sich unsere Leser ein Bild von Dir machen können?

 

Boris Koch : Das sind die Momente, wenn ich in einem Gespräch immer stocke, weil ich nicht weiß, wie ich mich in ein paar Worten zusammenfassen soll. Man bildet sich ja gern ein, man wäre komplexer ... Aber in aller Kürze: Ich wohne ohne Haustiere und Zimmerpflanzen in Berlin und verbringe die meiste Zeit mit Schreiben von Romanen und Kurzgeschichten, gehöre zum StirnhirnhinterZimmer und zur Crew der Otherland Buchhandlung, erzähle im Magazin Mephisto von den Erlebnissen mit meinem Hauszombie Ewald und betreibe den kleinen Phantastikverlag Medusenblut.

 

Fantasyguide: Dein Roman hat den Hansjörg-Martin-Preis bekommen. Wofür steht denn der Preis und warum hat Feuer im Blut ihn erhalten?

 

Boris Koch : Der Preis wird jährlich vom Syndikat, der Autorengruppe deutschsprachiger Kriminalliteratur, vergeben und zeichnet den nach Meinung der Jury besten Kinder- und Jugendkrimi des Jahres aus. Die Jury besteht aus 5 Autoren, darunter der Preisträger des Vorjahres, und 4 Jugendlichen.

Warum Feuer in Blut ihn erhalten hat? Das zu erklären, überlass ich am besten der Jury und zitiere ihre – um die Inhaltsangabe gekürzte – Begründung:

„Die Jury zeichnet einen Jugendkrimi aus, der gegen den Strom schwimmt, weil er keine Toten braucht, keinen künstlichen Thrill, um seine Leser zu packen. Boris Koch legt einen authentischen Jugendroman vor; er lässt seine Protagonisten allein agieren, ohne Hilfe der Erwachsenen. (...) Hier schreibt keiner von Ferne über Jugendliche, hier ist ein Autor mitten drin im Geschehen, ganz nah bei seinen Figuren und in einer Geschichte, die spannend, glaubhaft und anrührend zugleich ist: Brandstiftung und Doping sind das Thema, aber auch Adoleszenz und Selbstfindung, Freundschaft und Liebe. Boris Koch lässt uns hinter die Fassade der coolen Kids schauen, zeigt uns ihre Ängste und Schwächen. Er trifft das Lebensgefühl dieser Generation, ohne sich sprachlich anzubiedern.“

 

Fantasyguide: Wie bist Du denn dazu gekommen, Feuer im Blut innerhalb der Reihe Schwarzlichter zu veröffentlichen. Hast Du Dich da einfach beworben oder ist der Schriftstellertraum schlechthin wahrgeworden und Dich hat ein Lektor des Beltz-Verlags „entdeckt“?

 

Boris Koch : „Entdeckt“ trifft es am ehesten, auch wenn es kein Lektor des Beltz-Verlags war. Ursprünglich wurde die Reihe von zwei externen Herausgebern zusammen mit einem Mitarbeiter des Verlags angeleiert, und einer der Herausgeber kannte meine Schreibe und hat mich dem Verlag vorgeschlagen. Nach Exposé und einem Treffen mit dem Verlag auf der Buchmesse wurde entschieden, dass Kathleen Weise, Myron Bünnagel und ich das Reihenkonzept weiterentwickeln und die ersten drei Romane schreiben sollten, die parallel erscheinen sollten.

 

Fantasyguide: : Feuer im Blut gehört ja wie bereits erwähnt zu der Reihe Schwarzlichter. Was lässt sich denn allgemein über die Reihe sagen? Musstest Du die anderen Bücher alle lesen, bevor die Arbeit überhaupt losgehen konnte?

 

Boris Koch : Da die drei ersten Romane ja parallel geschrieben wurden, konnte ich keinen fertigen Roman lesen, bevor ich losgelegt habe. Aber ich kannte Exposés und Hauptfiguren der beiden Kollegen, und die Vernetzung über die Website hatten wir ja gemeinsam entwickelt. Und nach Erscheinen habe ich bisher alle Schwarzlichter-Romane gelesen, um mich auf dem Laufenden zu halten.

Allgemein lässt sich sagen, dass jeder Roman der Reihe in sich abgeschlossen ist. Jeder der bislang fünf Autoren hat ein eigenes Team aus Jugendlichen, das es in „seiner“ Stadt mit bestimmten Kriminalfällen zu tun bekommt. Über die Website schwarzlichter.com bekommen die verschiedenen Jugendlichen Kontakt zueinander, und so entwickeln sich Querverbindungen zwischen den Teams. Bei den Fällen achten wir darauf, dass sie sich plausibel im Umfeld der Jugendlichen entwickeln können, dass es glaubwürdig ist, weshalb sie den „Fall“ lösen und nicht die Polizei. Auch wenn ich hier von „Teams“ spreche, so sind es keine „Kinderdetektivbüros“ wie etwa Die drei ???, die richtige Aufträge von ihrem Mentor zugeschanzt bekommen, sondern normale Jugendliche, die meist mehr oder weniger zufällig in die Geschichten hineinschlittern.

 

Fantasyguide

: Nun gibt mit www.schwarzlichter.com ja auch ein eigenes Forum zu der Reihe, wo offenbar fiktive Beiträge passend zum Buchinhalt erstellt werden. Wie hat man sich das vorzustellen, wer verfasst die Beiträge, wer veröffentlicht sie und wer kümmert sich um die eingehenden Antworten? Kann Dich ein jugendlicher Fan Deines Romans im Forum antreffen und mit einfach mal so mit Dir online plaudern?

 

Boris Koch : Dieses reale „Forum“ simuliert in abgespeckter Form die Community aus den Büchern. Registrieren kann sich dort jeder, der mag, auch alle Figuren aus den Romanen sind dort registriert. Sie antworten auf eingehende Fragen, manche posten von sich aus, jede Figur ist eben unterschiedlich, die einen sind aktiver, die anderen eher nachlässig ...

Autoren sind dort jedoch keine registriert, wer mit mir als Autor in Kontakt treten will, kann dies über die angegebene Mailadresse tun. Das Forum wird von registrierten Lesern eher dafür genutzt, über dies und das zu diskutieren, immer wieder auch über ähnliche Probleme wie in den Büchern angesprochen werden. Ob die geschilderten Begebenheiten jedoch echt oder erfunden sind, kann ich nicht sagen. Das ist so, wie in jedem guten Forum ...

 

Fantasyguide: Was sind die Deiner Ansicht nach wichtigsten Themen, die Feuer im Blut behandelt?

 

Boris Koch : Freundschaft ist sicher ein zentrales Thema, auch das Zusammenhalten von Brüdern, ebenso Zivilcourage. Rückgrad. Dass man zu dem steht, was man für richtig hält, gegen Autoritäten und gegen Gruppendruck. Auch Vorurteile und daraus resultierende Verdächtigungen sind Thema. Darüber hinaus auch Liebe, Fußball und Musik, ein wenig auch Skaten, oder abstrakter gesprochen: Begeisterung und Leidenschaft, die man für ein Hobby entwickelt.

 

Fantasyguide: Wie ist das denn so, schaust Du Dir als Autor eines Jugendbuches mehr an, was gerade „in“ ist und baust das in die Handlung ein, oder hast Du Dich da während des Schreibens mehr an Deine eigene Teenagerzeit – Du schreibst beispielsweise sehr schön über Marks Begeisterung zum Fußball – erinnert?

 

Boris Koch : Gucken, was „in“ ist, klingt, als würde man einem Trend auf dem Buchmarkt nachhecheln, das will ich nicht. Allerdings sollen die Bücher auch kein „Nostalgietrip“ in meine Vergangenheit werden, sondern es geht um die Jugendlichen hier und heute. Ich versuche ein Thema zu finden, das aktuell ist, oder eben „immer aktuell“ wie das Verhältnis von Teenagern zu ihren Eltern und Verliebtsein und so.

In meinem nächsten Krimi geht es beispielsweise um Happy Slapping und Handyfilme. Zu meiner Schulzeit gab es kein Handy und kein Internet, aber es gab natürlich Gewalt und Erpressung, Gruppenzwang, Unterdrückung und Vergewaltigung. Jetzt geht es darum, mich zu erinnern, was es bedeutet 15 zu sein, aber zugleich nicht mich zu einer Figur zu machen, sondern Jugendliche in der U-Bahn beobachten, Artikel zu lesen, usw, mir eben eine Geschichte ausdenken, die im hier und jetzt verankert ist und nicht in den 80ern.

Marks Fußballbegeisterung – danke für die Blumen – teile ich, deshalb habe ich ihn zum Fußballer gemacht und nicht zum Handballer. So wird die Figur leichter authentisch, ich komme ihr näher, und zudem begeistern sich viele Jungen ja auch für Fußball.

 

Fantasyguide: Nun ist es so, dass „Feuer im Blut“ einerseits doch gewisse Werte vermittelt wie Zivilcourage – beispielsweise in der Szene, in der Mark sich gegen Gewalt an einem gleichaltrigen Fußballspieler einsetzt – andererseits werden auch von Seite der Hauptcharaktere Dinge getan, die nicht ganz so in Ordnung sind, wie beispielsweise nachts in die Schule einbrechen, dem Onkel ein paar Flaschen Bier zu entwenden oder raubkopierte CDs zu verschenken. Wo liegt Deine persönliche Grenze in der Schilderung von Handlungen, die möglicherweise kriminell sind für ein Jugendbuch?

 

Boris Koch : Es gibt keine prinzipielle Grenze, das hängt von der jeweiligen Geschichte ab, von den Figuren. Diese müssen glaubwürdig sein, das ist das Wesentliche, und dazu gehört es in dem Fall eben auch, dass zwei der drei Jungs rauchen, dass sie sich ein Bier holen (ohne jetzt täglich ein Koma-Saufen zu veranstalten) und eben nachts in der Schule einbrechen. Nicht um zu randalieren, sondern um auf ihre Art die Zensur der Schülerzeitung zu umgehen. Sie wehren sich, und das ist in Ordnung. Manchmal ist es eben in Ordnung, Regeln zu brechen. Ethisches und moralisches oder zumindest nachvollziehbares Handeln muss nicht zwingend deckungsgleich mit dem Gesetz sein, und meine Figuren haben auch nicht zwangsläufig dieselben Vorstellungen von richtig und falsch wie ich.

„Werte vermitteln“ klingt allzu pädagogisch, und das soll ein Jugendbuch eben nicht sein. Als Autor soll man Jugendliche ebenso Ernst nehmen wie erwachsene Leser und ihnen zutrauen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Ich erzähle in beiden Fällen Geschichten, und in ihnen stecken mehr oder weniger deutlich bewusste Aussagen. Weil ich der Überzeugung bin, dass man als Autor automatisch immer eine Position bezieht, gerade bei einem Krimi. Darin geht es um das Übertreten von Regeln, Gesetzesbruch, und die Suche nach dem Täter, den Ursachen seines Handelns und der Bestrafung, um die Opfer und Angehörigen. Als Autor wähle ich ein Motiv, eine Tat, usw und bringe den Leser so dazu, sich auf einigen Seiten damit zu beschäftigen. Meine Figuren müssen dabei doch Position beziehen, das bin ich dem Leser schuldig. Oder keiner bezieht Position, und so porträtiere ich eine Gesellschaft der Meinungslosen. Ich gewichte automatisch, indem ich schreibe.

 

Fantasyguide: Was ist denn nach Feuer im Blut Dein aktuelles schriftstellerisches Projekt?

 

Boris Koch : Anfang Oktober erscheint nun mein zweiter Schwarzlichter-Krimi 300 kByte Angst, einen Monat später folgt bei Heyne der All Age Fantasyroman Der Drachenflüsterer. Aktuell überarbeiten Kathleen Weise und ich einen weiteren All Age Fantasytitel, den wir zusammen schreiben, und dann folgt wohl wieder ein Titel für Erwachsene.

 

Fantasyguide: Vielen Dank für das freundliche Gespräch. Ich wünsche Dir für die Zukunft alles Gute und weiterhin viel Erfolg!

 

Boris Koch : Vielen Dank für dein Interesse und die guten Wünsche.

 

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Erstellt: 17.09.2008, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 7374