Interview mit Michael Schönenbröcher
von Ralf Steinberg
FantasyGuide: Hallo! Stelle dich bitte kurz vor. Wer ist Michael Schönenbröcher und wer ist dieser MAD MIKE, den man im Hintergrund schreien hört?
Michael Schönenbröcher: So weit ist es mit meinen gespalteten Persönlichkeiten schon gekommen? Strange...!
Nun, getauft wurde ich vorschnell auf ersteren Namen, doch im Laufe von 25 Jahren und wechselnder Serien bei BASTEI haben sich noch ein paar Alter Egos hinzu gesellt – Monster-Mike, Mystery-Mike, Mesozoikum-Mike, Missouri-Mike –, von denen Mad Mike die aktuelle Inkarnation ist, als die ich die Serie MADDRAX betreue. Nur gut, dass Werner Giesa seine ZAMORRA-LKS selbst gestaltet, sonst hätte ich auch noch Merlin-Mike am Hals. J
FantasyGuide: Was ist das Besondere am Endzeithintergrund und warum hat es dich gereizt, ihn für eine Crossover-Serie zu verwenden?
Michael Schönenbröcher: Bringst du gerade zwei Sachen durcheinander? MADDRAX ist die Serie mit dem Endzeit-Hintergrund; das Crossover – auch Spinoff-Serie genannt – kommt erst im Frühjahr 2005! Dazu später mehr. Die postapokalyptische Thematik hat mich schon immer mehr fasziniert als die blitzsaubere Zukunft, in der die Volksmusik ausgestorben ist und Privatsender nur noch anspruchsvolle Programme bieten. Das begann damals in den 70ern mit dem Lesen der Comicserie ANDRAX, die dann auch Initialzündung für MADDRAX war – obwohl mir die Namensgleichheit erst im Nachhinein aufgefallen ist. Ich finde, in einer solchen Welt lassen sich weitaus interessantere Szenarien konstruieren als in einer rein SF-geprägten. So wurde MADDRAX zum Genre-Mix: Grusel, Science Fiction, Fantasy, Abenteuer...
FantasyGuide: Genau; MADDRAX lebt von der Durchdringung von Horror und SF. Ihr wechselt regelmäßig den Schwerpunkt, um kleineren Handlungsbögen eine stilistische Geschlossenheit zu geben. Wie kommt das bei euren Lesern an?
Michael Schönenbröcher: Ich denke, wir sind da auf eine echte Marktlücke gestoßen und bieten für jeden etwas. Wir haben sowohl barbarische Völker und bizarre Mutationen als auch die hoch technologischen Nachkommen von Bunkerinsassen, eine uralte Meeresrasse und sogar Außerirdische. Zwischen diesen Themen hin und her zu pendeln, ohne einen Teil der Fans zu langweilen, macht die Kunst aus, die uns – wie es aussieht – bislang ganz gut gelungen ist.
FantasyGuide: Du betonst immer wieder, dass eure Postapokalypse eine unerschöpfliche Quelle an Ideen und Themen ist. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Michael Schönenbröcher: Äh... jede futuristische Szenerie bietet eine Unmenge an Ideen. Warum läuft PERRY RHODAN wohl seit über 40 Jahren so erfolgreich? Und man muss auch nicht in fremde Galaxien aufbrechen, um Abwechslung zu haben; da genügt schon die Erde, wenn sich in über 500 Jahren – so weit schleudert es unseren Helden Matthew Drax zu Beginn in die Zukunft – die Kontinente verschieden entwickelt haben. In Afrika zum Beispiel ist eine neue Hochkultur entstanden, nachdem die von den Kolonialherren angelegten Grenzen und damit die ewigen Stammesfehden der Vergangenheit angehörten – ein Thema für mindestens 25 Romane! Wir haben heute schon so viele Querverweise in die Serie eingebaut, auf die wir zu gegebener Zeit zurückkommen werden, dass uns garantiert nicht der Schwung ausgeht. Was zum Beispiel passiert, wenn im Jahre 2012 der von uns "prophezeite" Komet ausbleibt? Wir haben jetzt schon eine logische (!) Lösung dafür.
FantasyGuide: In wieweit beschäftigt ihr euch mit anderen Endzeit-Geschichten, oder gibt es direkte Vorbilder und Inspirationsquellen?
Michael Schönenbröcher: Wie gesagt, ANDRAX war mein Comic-Favorit und sicherlich maßgeblich an der Entstehung von MADDRAX beteiligt; wir haben sogar als Hommage Matts Tochter "Ann Drax" genannt. Weitere Inspirationen kommen vorwiegend aus Filmen wie "Mad Max", "Blade Runner, "Quiet Earth", "Der Omega-Mann", "Planet der Affen" oder "Formicula", um nur einige zu nennen. Dabei macht es uns einen Heidenspaß, versteckte Filmzitate in den Romanen unterzubringen. Wir sind aber immer bemüht, etwas Eigenes zu schaffen, keine Epigonen zu sein.
FantasyGuide: Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Autoren, musst du sie für pünktliche Abgaben foltern oder reichen sie dir eher große Opfer, damit sie in „deiner“ Serie schreiben dürfen?
Michael Schönenbröcher: Unsere Serie, nicht meine! Na ja, manchmal wird's mit den Terminen schon eng; sie schreiben ja nicht ausschließlich für MADDRAX. Aber allen macht die Arbeit großen Spaß, wenn ich das richtig sehe. Das mag auch daran liegen, dass sie sich mehr einbringen können als bei anderen Serien mit vorgegebenen Exposés. Wir legen gemeinsam die Richtung fest, und dann steuert jeder seine Ideen bei, die von mir koordiniert werden.
FantasyGuide: Der Webauftritt von MADDRAX spart nicht mit Reizen, aber mit News. Verlagert ihr eure Tätigkeit mehr in die Vorratsbeschaffung, immerhin ist der Tag des Kometen gar nicht mehr so weit weg?
Michael Schönenbröcher: Stimmt, nur noch siebeneinhalb Jahre! Huch – ich muss weg! ;)
Der "Geheimnis" der seltenen Homepage-Updates ist ganz einfach, dass ich verdammt wenig Zeit dafür habe. Trotzdem haben wir seit dem Jahreswechsel eine Neufassung von www.maddrax.de online gestellt, was mir die Gelegenheit gibt, mich an dieser Stelle ganz herzlich bei den Programmierern "Celsius Mellitus" und "Danko Dolch" und dem Lexikon-Meister "Dschoh" zu bedanken, ohne deren Engagement und Können das nicht möglich gewesen wäre.
FantasyGuide: Eure Serie lebt von Sidegags wie etwa Mr. Black als Klon von Arnold Schwarzenegger oder der Erhebung McGyvers in den Gott-Status. Gab es da Reaktionen von den Stars?
Michael Schönenbröcher: Nein. Ob das jetzt positiv oder negativ zu bewerten ist – wer weiß? Manch einer klagt ja gern & schnell. Ich glaube auch nicht, dass jemand im Ausland überhaupt mal deutsche Romanhefte in die Finger bekommt. Obwohl – bei einem würde ich mir das wünschen: Roland Emmerich. MADDRAX als Film oder von ihm produzierte Animé-Serie – das wär's!
FantasyGuide: Der Starschnitt von Matt Drax ist bereits terminiert, ein Hörbuch bei BASTEI schon Pflicht; welche Pläne gibt es für weitere Projekte und wann kommt endlich der nächste Comic?
Michael Schönenbröcher: Der Starschnitt ist bereits angelaufen; wir wollen auch weiterhin jedes Jahr einen bringen. BRAVO hin oder her – ich finde das einfach kultig. Doch keine Sorgen: Die PRIL-Blumen werden wir nicht reanimieren! :)
Hörbücher und -spiele gibt es ja leider immer noch nicht; ich hoffe, da tut sich noch was! Dafür haben wir ja jedes Jahr zwei Taschenbücher mit je fünf Romanheft-Inhalten, sodass auch Neuleser die Anfänge der Serie kennen lernen können. Nicht zu vergessen die mittlerweile sieben MADDRAX-Hardcover vom Zaubermond-Verlag. Der dritte Comic steht leider noch immer in der Sternen. Dafür wird es voraussichtlich nächstes Jahr eine MADDRAX-Webquest geben (eine interaktive Internet-Schnitzeljagd im Stil von MYST, nur kleiner), so wie wir zurzeit eine PROFESSOR ZAMORRA-Webquest online haben (bis zum 9.10.).
FantasyGuide: Du hast vorhin die Spinoff-Serie erwähnt...
Michael Schönenbröcher: Richtig. Das wird ein ganz spannendes Ding! Ab dem 10. Mai 2005 werden wir parallel zu MADDRAX eine Kurzserie mit zwölf Heften laufen lassen, die dann in Band 150 der Hauptserie mündet. Ohne jetzt schon zu viel zu verraten: Sie wird SF-lastiger sein und einen Zeitraum von 507 Jahren abdecken. Und von den MADDRAX-Protagonisten wird keiner darin auftauchen. Geschrieben werden die zwölf Bände von vier hochrangigen Autoren; zwei Männern und zwei Frauen. Einer davon ist Wolfgang Hohlbein, der auch am Konzept mitgearbeitet hat. Mehr wird noch nicht verraten.
FantasyGuide: Wann kann ich endlich mein Geld mit dem Schreiben von MADDRAX-Romanen verdienen? Also wie sieht eure Nachwuchsarbeit aus, immerhin habt ihr schon einige Weggänge zu verkraften gehabt?
Michael Schönenbröcher: Unser MADDRAX-Team besteht mittlerweile aus sieben Autoren, dazu zwei weitere in Lauerstellung, die jederzeit einspringen können. Ausgeschieden ist bislang eigentlich nur Timothy Stahl, und das schon mit Band 49 (aktuell ist Heft 124); sogar Michael J. Parrish, der ab jetzt kürzer treten will, steuert noch den einen oder anderen Band bei. Das ist mehr als genug für eine 14-tägliche Serie. Außerdem lege ich die Messlatte ziemlich hoch an; höher als bei anderen Serien. Trotzdem ist Hoffnung! Schau dir PERRY an; da gab es auch schon heftige Fluktuationen. Frag einfach in zehn Jahren noch mal nach! J
FantasyGuide: Hast du Pläne, die nichts mit MADDRAX zu tun haben und wann kommt endlich JIM TRASH?
Michael Schönenbröcher: Meinst du Serienspezifische Pläne? Nun, seit ewigen Zeiten will ich einen halb fertigen Sherlock-Holmes-Roman zu Ende schreiben – das würde dann aber ein Hardcover –, und ich arbeite auch immer wieder an neuen Exposés für Phantastik-Serien. In der nächsten Zeit kümmere ich mich aber erst mal um die Spinoff-Serie zu MADDRAX. Wann JIM TRASH endlich realisiert wird? Diese Entscheidung muss der Verlag treffen – ich stehe seit Jahren in den Startlöchern. Vermutlich glaubt man nicht, dass sich Parodien in Deutschland verkaufen.
FantasyGuide: Wir danken dir für dieses Interview und wünschen dir weiterhin apokalyptische Szenen.
Michael Schönenbröcher: Danke, die hab ich heute Nacht, wenn ich nach Hause komme. :)
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