I am Legend
 
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I am Legend

»Ich heiße Robert Neville. Ich habe in New York City überlebt. Falls es irgendwo noch jemanden gibt … irgendjemanden. Bitte. Du bist nicht allein.«

Auch der hervorragende Wissenschaftler Robert Neville konnte den von Menschenhand entwickelten Virus nicht in den Griff bekommen - grausam und unerbittlich breitete sich die Epidemie über den gesamten Erdball aus. Unaufhaltsam. Unheilbar. Aus unbekannten Gründen ist Neville immun – als einziger Mensch hat er in den Ruinen von New York City überlebt. Vielleicht ist er sogar der letzte Mensch auf der ganzen Welt. Seit drei Jahren funkt er unbeirrt Botschaften durch den Äther – in seiner Verzweiflung sucht er so den Kontakt zu möglichen anderen Überlebenden.

 

Doch der letzte Mensch auf der Erde ist nicht allein: Lichtscheue Mutanten - die Infizierten - beobachten Neville auf Schritt und Tritt. Sie warten ab, bis er eines Tages einen tödlichen Fehler macht. Neville geht davon aus, dass die Zukunft der Menschheit allein von ihm abhängt. Deshalb verfolgt er hartnäckig sein Ziel: Er will die verheerenden Folgen des Virus umkehren, indem er die Immunstoffe seines eigenen Blutes nutzt. Doch er steht als Einzelkämpfer einer gewaltigen Übermacht gegenüber. Und die Zeit läuft ihm davon …

Filmkritik

von Karin Reddemann

 

Ungeschminkt und dreckig sind die Vampire bei Richard Matheson, schuldbewusst, trotzig und lebensmüde ist sein Held, der zu viel trinkt und zu wenig Zuversicht zeigt. Der Mythos war gestern, allgegenwärtig ist das Schaudern. Das literarische Grauen bei Matheson schreit nach einer Verfilmung schreit. I am Legend von Richard Matheson, 1954 veröffentlicht, kam gleich dreimal weltweit auf die Leinwand, zuletzt 2007 (Regie: Frances Lawrence) mit Will Smith als der Wissenschaftler Robert Neville, Überlebender in einer Welt, die zu einem apokalyptischen Albtraum geworden ist.

 

Der Mensch ist allein, das Monster hat Familie. Und die Sippe ist verdammt groß. Hässlich. Gefühlsleer. Böse. Vorbei die Zeit der eleganten Einzelkämpfer, der erotischen Morde, der Überschaubarkeit einer schweigenden Gefahr, die hier und da im Dunklen lauert, ohne dabei die Existenz der Menschheit jemals wirklich in Frage zu stellen. Zwei Weltkriege haben auch Bram Stokers Erben umdenken lassen. Die Bestien leben unter uns, packen knallhart zu und vernichten, was die einen Humanität und Hoffnung, die anderen nur noch Illusion und Scheinheiligkeit nennen. Klingt hart. Echt. Schonungslos. Klingt nach phantastisch gutem Stoff.

Dracula hätte bei dieser geballten, globalen Endzeit- Ladung die Flucht ergriffen. Das definitiv Finstere bei Matheson trägt keinen edlen Zwirn, bewohnt kein Schloss und hat keinen Codex, es will existieren als das, was es ist: Neuer Realismus, der keinen Platz gewährt für eine andere Religion als die der Untoten.

 

»Ich bin Legende«, für Horror-Autor Dean Koontz »der intelligenteste und gleichzeitig fesselndste Vampir-Roman seit Dracula«, kann als ranggleich mit Stokers Weltbestseller bezeichnet werden, vielleicht kühn, fast dreist gesagt. Aber es war Zeit, den Vampir-Mythos zu aktualisieren, Aufbruch, Umschwung, Betroffenheit und Zukunftsangst der 1950er vor der Kulisse schrecklicher Erlebnisse und Visionen boten sich an, und Matheson machte es nüchtern, direkt, entlarvend und schonungslos auf knapp 200 Seiten. Großmeister Stephen King, der 1978 mit Salem’s Lot (Brennen muss Salem) ähnlich tief ruderte, zieht vor dem Kollegen, dessen Name so bedauerlich selten genannt wird, voller Respekt den Hut.

 

»Richard Matheson ist wohl der Autor, der mich am meisten beeinflusst hat.«

 

Erstmalig verfilmt wurde der Roman 1964 mit Horror-Ikone Vincent Price in der Hauptrolle. The last man on earth gilt als stilistisches Vorbild für George A. Romeros Erste-Liga-Schocker The Night of the Living Dead (Die Nacht der lebenden Toten) und war somit Wegweiser für die Entwicklung des Finster-Genres. Trotz der starken Besetzung und einer deutlichen Nähe zur Erzählung, – hier geht die Menschheit tatsächlich kompromisslos unter –, kennt den trashigen Streifen heute kaum noch jemand, das sieht vermutlich beim Omega-Mann mit Charlton Heston (1971, Regie: Boris Sagal) schon ein verdientes Stück besser aus.

 

Das Remake zählt zu den Klassikern des phantastischen Films. Ein menschenleeres New York, das war erschreckend neu, ein Happy-End ausschließlich für die Mutierten, ohne Zukunft für Nicht-Infizierte, eben Nicht-Monster, das war irritierend, warnend und in gezeigter Perspektivenlosigkeit einmalig. Der Omega-Mann inspirierte sichtlich die Neuverfilmung von 2007, die freilich mit Hoffnung auf Menschsein, Menschbleiben endet. »I am Legend« mit einem tragisch-pathetischen Will Smith, tough, einsam und energisch, gehörte zu den Blockbustern des Jahres und führte zur Neuausgabe des Buches. Das allein ist Gold wert. Und der Film, Erste-Klasse-Science-Fiction ohne nennenswerten Einwand, wird dem hohen Anspruch auch gerecht. Korrekt:

 

»Diese fundamentale Skepsis und die Ernsthaftigkeit, (…), heben den Film über das Genre, – und die hektische Dummheit des üblichen Hollywood-Actionmaterials – ,weit hinaus.«

(Süddeutsche Zeitung)

 

Der Dreh von 2006 forderte Imposantes: Für den Zeitraum von acht Monaten wurden in New York die Fifth Avenue, der Washington Square Park, die Brooklyn Bridge und der Viadukt zwischen Grand Central Terminal und der Park Avenue nachts und an den Wochenenden gesperrt. Aus Florida wurden auf Lastern unzählige Pflanzen für die Straßendekoration gebracht, um das Bild einer von der Natur zurück eroberten, längst nicht mehr vom Menschen dominierten Stadt zu perfektionieren. Der Riesenaufwand stieß natürlich bei der New Yorker Bevölkerung nicht nur auf Begeisterung und Verständnis. In der Metropole ging es recht hektisch zu in dieser Zeit, und so entschuldigte sich Will Smith anlässlich der Premierenfeier, – allein am Startwochenende spielte der Film 77 Millionen US-Dollar ein und übertraf damit sogar den bisherigen Rekordhalter, den letzten Teil der Herr der Ringe-Trilogie –, offiziell im Namen der gesamten Crew für entstandene Unannehmlichkeiten. Die zweifellos zu ertragen gewesen sind, die auch ohne Frage phänomenal quittiert wurden. Es sieht bombastisch gespenstisch aus, es ist ein Asphaltdschungel wie aus einem (noch!) utopischen Märchenbuch.

 

»„I Am Legend“ ist ein Film mit atemberaubenden Bildern, einem glänzenden Hauptdarsteller und einer grandiosen Geschichte, die nicht umsonst bereits zum dritten Mal fürs Kino adaptiert wurde.«

(Spiegel 2008, Andreas Borcholte)

 

Der Grundtenor ist schlimm, simpel und bekannt: Es ist der Mensch allein, der seinen Untergang herbeiführt, Verantwortung und Konsequenz zu tragen hat. Die tödliche Seuche wird verursacht durch einen Atomkrieg, biologische Kampfmittel töten und verändern, Medikamente, die heilen sollen, versagen, vernichten und führen zu Mutationen, Epidemien löschen bekanntes Leben aus, machen den Platz frei für andere(s).

 

Der Roman endet mit Nevilles Erkenntnis, dass ein neues Zeitalter angebrochen ist. Die menschliche Art hat das globale Feld für die Entarteten geräumt Bis zu diesem Zeitpunkt hat er gejagt, gekämpft, getötet, mit sich gerungen, war aggressiv, resigniert, zornig, traurig, hilflos, energisch. Suchend. Verzweifelt. Die ganze Palette. Er wird mit einer nicht mehr vorhandenen Zivilisation konfrontiert, verbarrikadiert sich, wird seinerseits gehetzt von den Nachtjägern, die geistlos und blutgierig durch die leer gefegten Städte irren, überlegt, mit welchem Gegenmittel er die Vampire vielleicht wieder zurück verwandeln kann. Mit einem streunenden Hund versucht er, sich anzufreunden, aber das Tier ist verletzt und stirbt. Er ist wieder allein. Ebenso steht auch seine Person als (mutmaßlich) letzter Mensch auf Erden im Zentrum der Geschichte. Interessant vielleicht am Rande: Schon Mary W. Shelley, die den Frankenstein schuf, verarbeitete die Thematik des völlig Isolierten 1826 in ihrem Roman The Last Man (dt.: Verney, der letzte Mensch).

 

»I am Legend« bezieht sich im Ursprungssinn ganz klar auf den für die untote Familie zur (noch) lebenden menschlichen Legende gewordenen Neville, der das darstellt, was die Menschen an Vampiren und Zombies fürchten: Das völlig Andere, Bedrohliche, das Mythische. Die Legende in der Verfilmung ist die des Retters der Menschheit: Eben Neville. Er ist hier trotz all des realistischen Horrors immer noch der Held, die Sichtweise der Vampire spielt keine Rolle, der Mensch will/wird überleben.

 

In welcher Zukunft auch immer. Charlton Heston, der im Omega-Mann als weltweit letzter Kinogast vor der Leinwand sitzt, ahnt nur soviel:

 

»They sure don’t make this kind of movies any more.«

 

Na denn … sei eben dieser letzten Verfilmung Film mit Will Smith (Un-)Gutes an Worten noch gegönnt:

 

»Endzeitchristen lachen sich heimlich ins Fäustchen, dass sie Hollywood mit einem millionenschweren Blockbuster in ihren Untergangs- und Vernichtungsfantasien bestätigt.«

(Humanistischer Pressedienst)

 

Wird wohl so sein. Oder wie das so ist: Mag denn sein, auch nicht.

 

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I am Legend

Jahr: 2007

Regie: Francis Lawrence

SF-Film

 

Erhältlich bei: Amazon

DarstellerInnen:

  • Will Smith

  • Alice Braga

  • Charlie Tahan

Filmkritik im Fantasyguide:

I Am Legend (2007)

Diskussion im Forum

I am Legend


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Erstellt: 12.05.2017, zuletzt aktualisiert: 19.12.2023 19:36, 15638