Interview: Thomas Hofmann
 
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Interview mit Thomas Hofmann

geführt von Ralf Steinberg

 

Thomas Hofmann ist seit Jahren engagierter SF-Fan. Mit Essays, Rezensionen und vor allem Illustrationen bereichert er Fanzines, Anthologien und seinen Blog. Wir baten den Hallenser, uns ein paar Fragen zu beantworten:

 

Fantasyguide: Hallo Thomas, Du bist nicht nur leidenschaftlicher Fanzine-Schreiber, sondern liest sogar welche! Wie hat das ganze überhaupt angefangen?

 

Thomas Hofmann: Hallo Ralf. Zunächst: Danke für dein Interesse. So richtig verstehe ich das ja gar nicht, also dieses Interesse. Bin ja »nur« ein SF- und Phantastik-Fan, wie es hunderte davon gibt. Warum ich? – Ich sage das, weil ich mich in letzter Zeit (also so die letzten Jahre) nicht mehr so aktiv fühle: Meine Zeichnerei geht nach einem ziemlich absoluten Tiefpunkt nur schleppend wieder los, Con-Besuche halten sich im Rahmen, die Korrespondenzen auch. Na ja, aber es gibt mich noch, da haste Recht. Und zwar seit den späten 80ern.

Wie »es« angefangen hat? Also, als erstes war da die Leidenschaft zur Zeichnerei. Als Kind habe ich aber eher Tiere und Ritter gezeichnet, in historischen Welten fühlte ich mich mehr aufgehoben als in der Gegenwart. Von SF und Fantasy war da noch kaum die Rede bei mir.

 

Als Mitglied im Buchclub 65, wo ich in erster Linie Bücher aus der Reihe spanend erzählt mit historischen Stoffen bezog, wurde auch eine SF-Anthologie angeboten: Der unheimliche Fahrstuhl, mit sowjetischen SF-Erzählungen. Das war nach meiner Erinnerung mein erstes eigenes SF-Buch. Und das prägte mich dann auch für Jahre.

 

Das zweite war ein Erzählungsband der Steinmüllers, den jemand in einem Urlaubsbungalow liegen ließ. Ich las es, weil ich gerade nichts anders hatte. Aus purer Langeweile wurde eine große Leidenschaft.

 

Über historische Stoffe kam ich an Edgar Allan Poe und andere Gruselklassiker und an die SF durch Freunde in der Schule. Da habe ich mich locken lassen, sozusagen. Wie das mitunter so ist in der Jugend: Dann auch gleich richtig dolle. Interessanter und unerwarteter Weise fand ich in der sehr reichlichen Bibliothek meiner Eltern SF-Romane (Lem, Martynov: Das Erbe der Phaetonen). Dann liefen da diese tollen Filmreihen im »West«-Fernsehen …

 

Ich hatte auch schon sehr bald Interesse daran, mehr über das Genre, über die Autoren, die Werke, die verschiedenen Sub-Genres zu erfahren. Ich fing dann an mir eine Art eigenes SF-Lexikon zu erstellen, also alles aus Zeitungen zu sammeln, Exzerpte aus Büchern (auch Sekundärwerken zur SF aus dem »Westen«, die ich privat ausborgen, oder auch in Bibliotheken lesen konnte) anzufertigen. Dieses »Lexikon« habe ich immer noch, es nimmt so ca. 80 cm im Bücherregal ein.

 

Da war ich also ein »Einzelkämpfer« – ohne dies zu wissen; diese Bezeichnung für SF-Fans, die so vor sich hinbrüten, wurde mir erst im Kontakt mit anderen Fans später bekannt gemacht. Den First Contact mit dem Fandom hatte ich dann 1988 im Jugendclub des Palasts der Republik, wo ein SF-Club namens ANDYMON Veranstaltungen durchführte, mit einem SF-Autor, den ich schon kannte und sehr mochte: Michael Szameit.

 

Dann ging es schnell: DDR-SF-Con, Kontakt zu Wilko Müller jr. aus Halle, Gründung des ANDROMEDA SF Clubs in Halle. Und meine Zeichnerei hatte ein neues Betätigungsfeld gefunden: Fanzines! Noch spärlich im Osten, aber es gab sie: TERMINATOR und HEROVITS NEUE WELTEN aus Berlin, unser SOLAR-X in Halle.

 

Fantasyguide: Die SF-Clubs aus Berlin, Dresden oder eben Leipzig sind in den beiden großen SF-Foren nicht präsent, Du schon. Was ist da los, was stimmt mit Dir nicht?

 

Thomas Hofmann: Da könnte ich jetzt über die Besonderheiten des ostdeutschen Fandoms schwafeln, aber das ist am Ende doch nur ein Vermuten und Orakeln. Vielleicht ist es aber auch so, dass es viel mehr SF-Fans auch in anderen Regionen gibt, die sich nicht in den großen (uns beiden) bekannten und genutzten Foren tummeln, sondern sich ebenso lokal beschränken. Bei einigen Leuten weiß ich das sogar: Als OH der APA FAN – also so einem fannischen Vor-Internet-Diskussionsforum (in Papierform) – machen Leute mit, die auch nicht im Netz aktiv sind.

 

Zum anderen bin ich auch hier gar nicht so dolle aktiv. Im Grunde bin ich nämlich faul; viele Diskussionen drehen sich im Kreis oder kehren turnusmäßig immer mal wieder zurück, ohne wirklich neue Aspekte hervorzubringen. Und ich bin nicht so schnell, denke ich manchmal: Wenn mich eine Diskussion interessiert, kann ich gar nicht so schnell gucken, wie die sich entwickelt. Das ist schon ein Phänomen!

 

Dass ich mich aber dafür interessiere, ist vielleicht sowas wie eine ständige Suche, auf der ich mich befinde. Als ich das SF-Fandom fand, suchte ich weiter – landete im Phantastik- & Horror-Fandom. Auch dort verharrte ich nicht, suchte nach anderen Formen, u. a. in der musikalischen Subkultur. Na ja, sicher ist das bei anderen Leuten ähnlich: Wer ist schon wirklich so eindimensional? Bei mir ist es die Phantastik, die ich gern sehr breit und offen für »Randgebiete« interpretiere für mich. Ich suche – und finde auch – viel in Literatur, Philosophie, bildender Kunst, Musik, Theater …

 

Für mich war eben auch seit den späten 80ern der Kontakt zu Gleichgesinnten immer sehr wichtig, der Austausch über die Themen, mit denen ich in der alltäglichen und Arbeits-Welt eher kaum auf Gegenliebe stieß. Für mich waren es neben den Clubs in Halle und Leipzig dann die Fanzines, die aber dank Internet wegstarben; was bleibt einem da also übrig?

 

Fantasyguide: Was ist das Besondere am Freundeskreis SF Leipzig, neben dem Elstercon?

 

Thomas Hofmann: Wir haben hier in Mitteldeutschland sozusagen eine Arbeitsteilung: Halle macht die Stammtische und vor allem ein Fanzine (»SOLAR-X« und seit 2012 den NEUEN STERN) und Leipzig die Lesungen und Cons. Natürlich haben die Leipziger damit den schwereren Part. Ich finde das richtig gut, was sie machen – und ich mache da auch gern mit, soweit es meine bescheidenen Möglichkeiten und vor allem meine Bequemlichkeit zulässt.

 

Die SF-Enthusiasten aus Leipzig bewundre ich wegen ihres Durchhaltevermögens und ihrer Kompetenz in Sachen Veranstaltungsorganisation. Manchmal ist es traurig zu sehen, wenn ihre Angebote so wenig genutzt werden, auch von den SF-Fans hier aus dem Umfeld. Aber sie machen weiter – hoffentlich noch lange. Die Umstände werden ja leider nicht besser.

 

Regelmäßig, also über Jahre hinweg im Grunde jeden Monat, derzeit nicht mehr so oft, gibt es eine Lesung oder einen Vortrag, den der Freundeskreis organisiert. – Jetzt müsste man glatt mal nachzählen, wie viele Leutchen da inzwischen zu Gast waren als Lesende, Gesprächspartner und Referenten. Dabei sind wirklich große Namen dabei, aber auch Überraschungsgäste. Wie viele Zuhörer kommen, kann man irgendwie überhaupt nicht vorher wissen.

 

Fantasyguide: Ich habe Dich als Moderator auf dem »Elstercon« erlebt und Deine Begeisterung für Autor und Werk halfen Dir über ein spürbares Unwohlsein hinweg. Spürst Du die Rampensau in Dir?

 

Thomas Hofmann: Nein, das bin ich nun wirklich nicht, also eine Rampensau. Aber ich mach mit, weil ohne Beteiligung der Fans läuft sowas wie ein Con eben nicht.

Für die monatlichen Veranstaltungen des »FSKFL« habe ich ja immer mal Leutchen rekrutiert und eingeladen, die mir sehr am Herzen lagen. Ich glaube, da sind ein paar dabei, die dann in Folge Leipzig für sich entdeckt haben; so eine klitzekleine Aktie verbuche ich mir dabei auch …

 

Also, die Leute habe ich dann auch gern »moderiert«, kurz dem Publikum vorgestellt, und die Fragerunde nach der Lesung angeführt. Das machte mir meisten großen Spaß, ist aber auch immer mit einer gehörigen Portion Stress – Lampenfieber – verbunden. Auch wenn ich ja von Berufswegen ein »Publikum« gewöhnt war (als Lehrer, vor vielen, vielen Jahren), so ist das für mich eben doch ungewohnt und etwas Besonderes.

 

Beim »Elstercon« übernehme ich regelmäßig auch eine Veranstaltung; nicht immer klappt es mit meinen Wunschkandidaten; aber es kann ja auch Anlass sein, mal jemand Neuen kennen zu lernen. So erging es mir beim letzten Mal mit Andreas Brandhorst, den ich mir als Autor erst erschließen musste. Aber es lief für meine Begriffe dann doch recht gut und ich empfand das Gespräch mit ihm für mich sehr bereichernd.

 

Das von Dir bemerkte Unwohlsein kann ich nur übertünchen, werde ich aber nie los; nein, bin keine Rampensau.

 

Fantasyguide: Dein Blog quillt über vor spannender Lektüre. Wonach wählst Du die Werke aus? Liest Du viel gezielt für Artikel im Fanzine?

 

Thomas Hofmann: Inzwischen lese ich nur noch, was ich will. Und ich schreibe nur noch über das, was ich will, auch nur in dem Umfang, wie ich will, also mal was Längeres für das Fanzine, oder eben einen kurzen Blogeintrag. – Sollte das nicht immer so sein, bei einem Hobby? – Hobby kann auch verpflichten: Zu »SOLAR-X«-Zeiten gab es reichlich Rezensionsexemplare der Verlage. Die gingen anfangs weg wie warme Semmeln, später blieben sie auch erst mal auf dem Stammtisch liegen. Da musste ich mich manchmal etwas überwinden, ein Buch zu lesen.

 

Inzwischen nehme ich ungern Rezensionsexemplare, weil ich die Verpflichtung dahinter scheue; will keinerlei Druck mehr haben diesbezüglich.

Ja, ich lasse mich treiben – von verschiedenen Motiven: Interessen, die mich überkommen, aber auch Erinnerungen – an alte Leseerlebnisse, die ich auffrischen und ergänzen möchte. Das hast Du ja sicher schon bemerkt.

 

Aber es gibt auch noch die besonderen Anlässe: Eine neue Tradition bei unserem Hallenser Stammtisch ist das Zelebrieren des Geburtstages eines Phantasten, oder ein anderer Anlass. Angefangen hat es mit dem Weltuntergang 2012. Da wollten wir uns ein letztes Mal treffen, um Geschichten zum Thema vorzulesen und zuzuhören. Das war recht gut. Inzwischen haben wir auf ähnliche Weise die runden Geburtstage von Lovecraft, Wells und Franke begannen. Und dazu bietet es sich ja an, dies auch im »NEUEN STERN« aufzugreifen. Hier lese ich dann auch »gezielt«.

 

Fantasyguide: Fanzines haben es Dir sehr angetan. Irgendwie ein Gruß aus ferner Vergangenheit und doch hat man bei Dir das Gefühl, die Fanzine-Welt lebt und ist bunt wie eh und je und Du stehst mittendrin. Stimmt das?

 

Thomas Hofmann: Die Fanzine-Welt ist wohl leider eher tot, bestenfalls untot. Es gibt ja noch welche, aber sie spielen in der Aufmerksamkeit des SF-Fandoms keine so große Rolle mehr. Das muss nicht unbedingt schlecht sein; dafür gibt es ja andere Publikationsformen für schreib- und mitteilungswütige Fans. Neidvoll muss ich auch gestehen, dass oftmals die Produkte, die da entstehen, viel besser, cooler rüberkommen als so olle Fanzines. Ob die semiprofessionellen Bücher (on Demand) wirklich halten, was ihre äußere Form versprechen, wird ja zur Recht oft hart diskutiert.

 

Was Fanzines anbelangt, bin ich inzwischen wohl ein Nostalgiker. Ich mag die einfache, fannische Papierform. Basta. Daher mache ich bei der »APA FAN« mit, daher habe ich durch die Initiierung unseres »Rundbriefs an die Freunde des ASFC Halle«, den »NEUEN STERN«, die Phantomschmerzen nach Einstellen des »SOLAR-X« zu überwinden versucht. Dass das wirklich was wird, hätte ich gar nicht so gedacht. Aber auch wenn damals meine Halleschen Mitstreiter nicht sofort »Hurraaa!« geschrien hätten, hätte ich dieses Heftchen gemacht. Einfach so, für mich und für die drei anderen, die das interessiert; jetzt sind es sogar noch drei mehr …

 

Es gibt sicher nicht mehr so viele, dafür aber ein paar richtig gute Fanzines, wie ich finde. Mitunter sind die auch richtig gut produziert, dank neuer Möglichkeiten. Ich denke mal, dass ich da noch nicht mal alles mitkriege, was es gibt.

Mir selbst geht es beim dem »Rundbrief« auch darum, dass es nicht zum Stress ausartet; daher bleibt die Verbreitung winzig. Das ist schon okay so.

 

Fantasyguide: Dein literarisches Interesse ist breit, wenn auch stark Phantastiklastik. Dabei offenbaren sich in Deinen monatlichen Leselisten neben Comicfreuden auch Vorlieben für klassische Werke. Poe, Lovecraft, aber auch Waldtraud Lewin und Vladimir Sorokin, meist verfolgst Du dabei komplette Lebenswerke. Bei all den unzähligen Werken, wen würdest Du für Dich am Wichtigsten betrachten?

 

Thomas Hofmann: Erst mal: Ich lese zu langsam und daher viel zu wenig. Ich würde gern mehr! Wenn ich könnte, wie ich wollte, dann wäre das Spektrum sogar noch breiter. Auf jeden Fall liegen z. B. einige Sachbücher auf meinem SUB, seit Jahren mittlerweile, die ich mal lesen will, wenn ich Zeit habe; was immer das bedeutet.

 

Ansonsten stimmt das schon: Wenn einer meiner Lieblinge was Neues rausbringt, schlage ich da zu. Zu den von dir Genannten, zählen z. B. auch David Mitchell, oder Neal Beaumont, Neil Gaiman, Lansdale, Miéville, Elmar Schenkel. Die Namen tauchen dann aber gar nicht in der Leseliste auf – na ja, auch hier wächst erst mal der SUB …

 

Nebenher entdecke ich für mich Klassiker. Hier kann ich nicht mal schreiben, dass ich sie wieder entdecke, sondern tatsächlich mir neu erschließe. Ich frage mich jetzt, warum ich sie so lange gemieden habe. Habe noch so viele Lücken zu schließen. Aber am Ende kehre ich oft zu meinen Wurzeln zurück, mehr denn je – na, ich hoffe, das ist keine Art von »Abschluss« und danach kommt noch viel, viel mehr.

 

Fantasyguide: Welchen Stellenwert hat Weird und Gothic für Dich? Ist Deine Seele Schwarz, Dein Herz am Raunen und Dein Blick in die Schatten gerichtet?

 

Thomas Hofmann: Klingt bedrohlich, nicht wahr? Aber meine schwärzeste Phase habe ich wohl hinter mir. Auf die dunkle Phantastik stieß ich als Literaturmensch Anfang der 90er. Auf diesem Sektor erschien mir das deutschsprachige Fandom am interessantesten. Ich entdeckte da auch eher die Fan-Produkte, die damals auch noch sehr fannisch waren, weniger professionell. Obwohl, da gab es auch schon »richtige« Bücher, zu einer Zeit, als das noch gar nicht so leicht war, solche herzustellen.

 

Aber vor allem hat mich dieses dunkle Zeug inhaltlich überzeugt; für mich war dies die adäquate Betrachtungsweise der Welt. Kann man gern drüber diskutieren. Damals hatte ich meinen Sinn für das Utopische verloren; reinweg technisch orientierte SF, oder gar Military SF oder so etwas überzeugten mich nicht mehr, oder eigentlich auch nie. Die reine Fantasy langweilte mich (darf man da so schreiben: Tolkien fand ich dann eigentlich auch eher langweilig; au weia).

Meine Lieblingsfilme, damals wie heute, sind Alien und Bladerunner, das gab den Rahmen vor. Als Ikone der Weird Fiction entdeckte ich Lovecraft – den durchaus schon vor der »Wende«. Dass es da doch einige deutsche Fans gab, die ihm huldigten, faszinierte mich überaus.

 

Interessanter Weise konnte ich mein dunkles Interesse auch auf musikalischem Sektor ausweiten. Das kam sozusagen über einen Umweg: Jörg Kleudgen kannte ich als Autor von Weird Fiction und Herausgeber der Goblin Press.

Dass er auch gleichzeitig Kopf einer Gothic Rock Band war, erfuhr ich erst etwas später, als ich mich schon für diese Musik zu interessieren begann.

 

Für mich passten dunkle Spielarten von Literatur und Musik zusammen, was in der Gothic-Szene ja auch so gesehen wurde. Na, und da gab es ja noch mehr Fanzines!

 

(Nebenbei: Ich hatte dann auch so ein Fanzine gemacht, das Beides: Phantastische Literatur und Musik, gern auch mit Schwerpunkt »Dark«, vereinen sollte: Different Frequencies – ob sich daran noch jemand erinnert?)

 

Fantasyguide: Schreiben, Lesen, Zeichnen, Talken – siehst Du Dich als Multitalent? Welche Macht ist am stärksten in Dir?

 

Thomas Hofmann: Es müsste das Zeichnen sein; aber nach einer Hochphase, Mitte der 90er bis ca. Mitte der Nuller Jahre, war erst mal die Luft raus. Dafür gab es Gründe.

 

Wie auch immer, der Zug fuhr ohnehin in eine andere Richtung, die ich nicht so mitzumachen bereit war: Auch Fan-Produkte setzen immer mehr auf computerunterstützte Illustrationen. Na ja, da gibt es ja auch tolle Sachen! Ist auch okay: Jetzt, wo man farbig drucken kann. Wer will da schon noch fannische Schwarz-Weiß-Zeichnungen?

 

Derzeit liegen mir meine fannischen Schreib-Arbeiten, durchaus auch mit etwas grafischer Untermalung, am meisten am Herzen.

 

Fantasyguide: Wie kam es zu den Titelvignetten der beiden Simon & Steinmüller -Bücher?

 

Thomas Hofmann: Das ist sowas wie ein Langzeitprojekt. Erik Simon sprach mich mal während eines PentaCon in Dresden an; könnte 2011 gewesen sein. Ist schon etwas her, weiß es gar nicht mehr so genau. Er wollte eine Bleistiftzeichnung für eines der Bücher aus der Werkausgabe von ihm und den Steinmüllers. Obwohl ich gar nicht so viel Lust hatte, irgendwelche Aufträge anzunehmen, konnte ich hier nicht »nein« sagen. Menschenskind, die SF-Autorenhelden meiner Jugend – und ich darf was für sie zeichnen!

 

Dann kam erst mal gar nichts … Und Jahre später brachte sich Erik in Erinnerung. Er bereitet die Ausgabe von Wurmloch-Odyssee vor, die bei Shayol erscheinen sollte. Das Buch erschien auch 2014. – Falls jetzt weitere Fragen entstehen sollte, kann ich das verstehen … – Ja, das Buch erschien sozusagen, und erschien auch nicht; verschwand im Nirwana. 2017 erschien das Buch ja noch mal bei Memoranda. Das neue Buch ziert auch diese Vignette. Und Erik hat für das andere Buch, das gleichzeitig erschien, noch 2 Zeichnungen bestellt; muss ihm also gefallen haben, was ich da mache. Hat mich sehr gefreut.

 

Fantasyguide: Oft höre ich, dass Illustrationen in SF-Werken verpönt sind. In Kleinverlagsanthologien hingegen tummeln sich sehr viele begabte Künstlerinnen und Künstler, auch Du versorgst seit 1990 immer wieder phantastische Werke mit phantastischen Bildern. Muss man masochistisch veranlagt sein dafür? Braucht die Buch-Welt Illustrationen wirklich nicht mehr?

 

Thomas Hofmann: Aus verlegerischem Munde erfuhr ich, dass Illustrationen in einem Buch gar nichts bringen, also nicht zur Verkaufsförderung beitragen. Wahrscheinlich hat diese Person Recht. Die Kosten kann sich der Verlag also sparen.

 

Fan-Produkte die keinen Gewinn machen müssen, könnten auf diese Erkenntnis ja pfeifen und machen, was Spaß macht. Das fand auch noch eine Weile statt. Nur leider wollen (müssen?) ja immer mehr Fans Profis werden.

Natürlich stimmt das auch nicht gänzlich; es gibt ja Möglichkeiten für Grafiker: Comics, Kinderbücher, auch hin und wieder grafisch aufwändige Bücher.

 

Fantasyguide: Wie gehst Du beim Zeichnen vor, welche Werkzeuge verwendest Du und was ist Dir lieber: analog oder digital?

 

Thomas Hofmann: Analog! Ich verwende neben Bleistift zum Vorzeichnen, Tusche und jetzt verstärkt diverse Fineliner (also, so licht- und wasserfeste), aber auch gern Kohle. Farbe ist nicht so mein Ding; auf dem Gebiet sind die Computergrafiken auch unschlagbar, denke ich, oder man ist so ein Genie in Öl.

Inhaltlich setze ich meisten Storyideen um, die meisten Bilder, die ich anfertige, sind Illustrationen zu Texten.

 

Fantasyguide: Wofür bekommst Du mehr Feedback? Brauchst Du überhaupt Reaktionen auf Deine Texte und Bilder?

 

Thomas Hofmann: Bei unserem SF-Stammtisch sind unsere Texte durchaus Thema. Über »Leserbriefe«, die auch mitunter reinkommen, freue ich mich riesig! Ja, Feedback ist mir wichtig. Die Bilder werden vor allem von den Leuten lobend erwähnt, die sie bestellen. Ich gebe es zu: Wenn ich in einer Rezi etwas über meine Bilder lese, bekomme ich einen Satz heißer Ohren – immer noch. Ja, lässt mich nicht kalt. Mitunter komme ich ganz gut weg, aber es gab auch sozusagen Verrisse, die mich ärgerten.

 

Fantasyguide: In Deinen Buchbesprechungen kritisierst Du auch andere. Wie gehst Du im Gegenzug mit Kritik an Dir um? Gibt es Kriterien in der Bewertung eines Buches, denen Du Dich verpflichtet fühlst? Für wie kompetent hältst Du Dich?

 

Thomas Hofmann: Da mache ich es mir jetzt leicht: Meine »Bewertungskriterien« sind reinweg subjektives Empfinden! Den Luxus gönne ich mir.

Das war nicht immer so. Als es so losging mit der Möglichkeit, »Kritiken« zu verfassen und zu publizieren, nahm ich die Sache mitunter ernster und dachte, ich müsste da eine fundierte Meinung abgeben. Ich fühlte mich damals auch »kompetenter« als heute. Das ist ohnehin ein komischer Effekt: Je älter, desto un-weiser? Kommt mir jedenfalls so vor.

 

Mir ist es wichtiger denn je, dass meine »Kritiken« als meine persönliche Meinung erscheinen. Ich bin nun mal kein ausgebildeter Literaturwissenschaftler. Natürlich habe ich Leseerfahrung und kenne auch ein paar Sachen, kann sie einordnen. Ansonsten geht es mir jetzt darum, meine »Entdeckungen« und »Erkenntnisse« zu vermitteln, mein Staunen und meine Begeisterung. Wenn mir mal was partout nicht gefällt, lege ich eher den Mantel des Schweigens darüber.

 

Fantasyguide: In den letzten Jahren sind einige SF-Autoren, deren Werke wir gern lasen in eine politische Richtung geschwenkt, in die man ihnen nicht unbedingt folgen möchte, etwa Wawerka oder Haubold. Spielt so etwas für Dich beim Lesen eine Rolle?

 

Thomas Hofmann: Oh ja, da sagste was. Ich müsste lügen, wenn ich behaupte, das spiele bei mir keine Rolle beim Lesen. Ich bin auch der Meinung, dass es wichtig ist zu wissen, wer was sagt (und schreibt). Es gibt ja die sich objektiv gebende Haltung, dass das egal sein müsse. Aber ich kann das für mich nicht ausblenden. Und ich glaube auch nicht, dass das richtig ist.

 

Das geht mir ja auch so: Einer meiner Lieblingsautoren ist Thor Kunkel. Sein Buch Endstufe fand ich großartig. Den »Skandal« darum habe ich durchaus mitbekommen. Ich las das Buch als kritische Auseinandersetzung mit verlogenen Haltungen: Gern verdrängt man ja heute, dass die Wurzeln unserer modernen Gesellschaft auch in finsteren Epochen liegen.

 

Inzwischen hat der Autor sich politisch sehr eindeutig positioniert. Trotzdem finde ich jetzt nicht, dass seine Bücher Mist wären. Keineswegs. Ich würde sogar einen neuen Roman von ihm lesen – wenn er denn erscheint; angekündigt ist er ja. Würde er mich inhaltlich enttäuschen, wäre das was anderes. Bisher ist das aber nicht passiert.

 

Mit Thomas Wawerka konnte ich mich in der Vergangenheit sehr gut »unterhalten« – also so im Internet. Persönlich sind wir uns zwar schon mal bei seiner Lesung beim Freundeskreis SF Leipzig begegnet, aber da kamen wir nicht ins Gespräch. Ich schätze seine fundierte und verständige Argumentation, die er mir gegenüber vorbrachte. Er gehört nicht zu den mit Holzhammer argumentierenden Hardlinern, obwohl er sicherlich inzwischen auch recht verfestigte Meinungen zu bestimmten Themen hat, denen ich nichts abgewinnen kann.

 

Für mich ist es wichtig, das Gespräch weiterhin zu suchen und den Kontakt nicht gänzlich abreißen zu lassen. Wieder so eine blauäugig-gutmenschliche Position …

 

Von Thomas Wawerka habe ich ja was gelesen, was damals im SOLAR-Tales erschien. Muss ich mal wieder tun, vielleicht lese ich es jetzt mit anderen Augen?

 

Fantasyguide: Der letzte »Neue Stern« ist kaum versandt, da bastelst Du doch bestimmt schon am nächsten! Wie sehen Deine nächsten Projekte aus? Wo kann man Dich demnächst treffen?

 

Thomas Hofmann: Natürlich! Aktuell ist die Ausgabe 30 fertig. Muss nur noch vervielfältigt werden. Das ist eine »normale« Ausgabe, die ich bald an die »Freunde des ASFC« verschicke und ausgebe. Für November soll sich ein Heft dem 350. Geburtstag von Jonathan Swift widmen. Für Weihnachten habe ich auch schon was Passendes in petto. Und dann habe ich da noch so einen vagen Plan für ein Spezialheft mit spezieller Thematik; mal sehen, was das wird.

 

In Sachen SF bin ich demnächst wieder in Leipzig unterwegs. Zum 28. September habe den Wolfener Autor Brian Deatt eingeladen. Er wird aus seinem Buch Mind Watch lesen, einen Film dazu präsentieren und uns sicher viel erzählen.

 

Anfang November geht es nach Dresden zum PentaCon. Na ja und ansonsten SF-Stammtisch in Halle. Da sind gern auch Fans aus der Ferne eingeladen (manchmal kommen sogar welche: aus Erfurt, aus Hoyerswerda, aus Merseburg – okay, das ist nicht wirklich weit weg, aus Leipzig sowieso), der nächste ist am 15. September.

 

Fantasyguide: Vielen Dank!

 

Thomas Hofmann: Ich danke dir auch für dein Interesse!

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Erstellt: 07.09.2017, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 16028